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Angst ist bisweilen eine wichtige Antriebsfeder für wirtschaftliches Handeln, auch wenn es um den Kauf von Immobilien geht. Angst vor einem möglichen Aus für den Euro scheint sicherheitsbewusste deutsche Investoren derzeit verstärkt auf den schweizerischen Immobilienmarkt zu treiben. Aber ist der sichere Hafen wirklich sicher?

Die Schweiz hat ein solide gutes Image

2012 wurden die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht, für die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag der Jäger Bau GmbH 1.000 Deutsche befragt hat. „Welches Land würden Sie als sichere Kapitalanlage für Ihre Auslandsimmobilie wählen?“ lautete eine Frage, Insgesamt 36 Prozent beantworteten sie mit „Schweiz“. Auf Rang 2 folgte mit 17 Prozent und damit mit großem Abstand Österreich. Die Schweiz scheint für manchen potenziellen deutschen Immobilien-Anleger das zu sein, was der deutsche Immobilienmarkt für manch anderen Immobilien-Anleger ist: ein sicherer Hafen. Aber die Deutschen empfinden nicht nur so, sie scheinen auch danach zu handeln.

Die Lust der Investoren auf Schweizer Büros

Laut eines Artikels in der Onlineausgabe der Zeitung „Welt“ vom 22. Juni 2012 kaufen Deutsche derzeit sehr intensiv Immobilien in der Schweiz, etwa in den Toplagen von Zürich und Genf. In erster Linie seien Büro- und Geschäftshäuser gefragt, die auch in der Schweiz ohne Einschränkungen von Ausländern gekauft werden dürfen. Die Deutschen seien bereit, Preise zu zahlen, die kein Schweizer zahlen würde, hieß es damals weiter. Sie würden aggressiv auf dem Markt auftreten und zugleich bisweilen auch eine Null-Rendite akzeptieren. Ihnen scheint es „nur“ darum zu gehen, zumindest Teile ihres Vermögens in stabilen Beton zu gießen.

Im Mittelpunkt stehen (noch?) AAA-Lagen

Die Rede ist bisher von privaten Investoren. Institutionelle Investoren sind zurückhaltender, berichtete die Welt damals. Sie könnten das Thema „Rendite“ nicht komplett ausblenden. Aber auch die Privatinvestoren nehmen nicht alles, was die Schweiz so an Büroimmobilien hergibt. Gesucht werden vor allem Immobilien in AAA-Lagen mit langfristigen Mietern, die eine hohe Bonität vorweisen können, berichtet die Welt mit Bezug auf den Büromarktbericht 2012 von Colliers International. Solche Immobilien gibt es natürlich auch in der Schweiz nicht unbegrenzt, sodass bei einer sich möglicherweise verschärfenden Euro-Krise Schweizer B-Lagen verstärkt ins Visier der Deutschen rücken könnten.

Ist die Schweiz der sichere Hafen?

Im September 2012 veröffentlichte wirtschaftliche Kennzahlen aus der Schweiz klingen durchaus gut für schwierige Zeiten. Das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) prognostizierte zuletzt ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von einem Prozent für die Schweiz. Es korrigierte damit zwar anfängliche Prognosen etwas nach unten und letztlich ist ein Prozent auch nicht wahnsinnig viel, aber es klingt möglicherweise in schwierigen Zeiten solide genug, um attraktiv zu wirken. Die Arbeitslosigkeit in der Schweiz soll laut Seco zunehmen, jedoch nur bis Ende 2012. Insgesamt steht der Schweizer Arbeitsmarkt im europäischen Vergleich sehr gut da. Laut schweizerischem Bundesamt für Statistik stieg die Arbeitslosenquote des Landes im zweiten Quartal 2012 von 3,6 auf 3,7 Prozent. Das bedeutete für die Schweiz aber immer noch hinter Norwegen den zweitniedrigsten Wert Europas. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,9 Prozent auf 4,76 Millionen, während sie in den Euroländern durchschnittlich um 0,6 Prozent gesunken ist. Das alles spricht für ein Land, das derzeit tatsächlich auf einem soliden Fundament fußt. Andererseits ist die Europäische Union mit großem Abstand das größte Exportziel von Schweizer Unternehmen. 2010 gingen Waren im Wert von etwa 119,3 Milliarden Franken aus der Schweiz in die EU-Länder. Der Wert des gesamten schweizerischen Exports lag damals bei 203,5 Milliarden Franken. Wirtschaftlich gibt es also viele Verbindungen zwischen EU und Schweiz. Daher ist es wohl keineswegs garantiert, dass die Schweiz eine Insel der Glückseligkeit bleibt, wenn sich die Probleme der EU steigern.

Was wäre, wenn…?

Schweizer Büroimmobilien in AAA-Lagen mit langfristigen Mietern, die eine hervorragende Bonität aufweisen, dürften krisensicher sein, selbst wenn der Wind in der Schweiz deutlich rauer wird. Bevor die Investition in solche Immobilien eines Landes zum Problem wird, muss es wohl schon sehr schlecht um die Wirtschaft des Landes stehen. Möglich wäre es aber tatsächlich, dass deutsche und andere europäische Anleger bei einer verschärften Krise im EU-Europa verstärkt Büros in B-Lagen der Schweiz als Anlageobjekte ins Auge fassen und dabei ebenfalls die Bereitschaft zeigen, teils deutlich mehr als Schweizer Anleger für die Immobilien auszugeben. Im ungünstigen Fall entsteht so ein Büroimmobilienmarkt mit vielen nicht mehr marktgerechten, sondern überhöhten Preisen. Und das wäre dann möglicherweise schlecht für viele Menschen.

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