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Nicht immer verläuft das Zusammenleben zwischen der inländischen und der aus dem Ausland stammenden Bevölkerung einer Stadt völlig problemlos. Manchmal existiert es auch kaum. Dann gibt es Gebiete innerhalb der Stadt mit überwiegend inländischer und solche mit überwiegend aus dem Ausland stammender Bevölkerung. Das ist so oftmals nicht politisch gewollt. In Wien sollen deshalb auf dem Entwicklungsgebiet am Nordbahnhof sechs Projekte eines Wettbewerbs rund um „interkulturelles Wohnen“ verwirklicht werden. Einmalig sind solche Projekte nicht: Eins existiert beispielsweise auch in Hamburg.

Ein neuer Stadtteil für Wien

Das Areal am Nordbahnhof in Wien ist etwa 750.000 m² groß. Es wird als neuer Stadtteil mit 10.000 Wohnungen für etwa 20.000 Bewohner geplant und liegt in der Innenstadt der österreichischen Hauptstadt. Ein erstes Bauträgerauswahlverfahren stand unter dem Motto „Junges und kostengünstiges Wohnen“. Für rund 95,3 Millionen Euro entstehen seither etwa 870 Wohnungen, von denen der größte Teil in diesem Jahr bezugsfertig sein soll. „Interkulturelles Wohnen“ war das Motto des zweiten Wettbewerbs. Die sechs Siegerprojekte wurden bereits im ersten Halbjahr 2010 gekürt. Bis zum 31. März 2011 konnte sich die Öffentlichkeit im Prechtlsaal der TU Wien selbst ein Bild von den sechs Projekten wie von den übrigen fünfzehn zum Wettbewerb eingereichten Entwürfen machen. Im Herbst 2011 soll der Bau der Siegerprojekte beginnen.

Was zeichnet interkulturelles Wohnen in Wien aus?

„Die Siegerprojekte zeichnen sich nicht nur durch eine außerordentlich durchdachte Konzeption der Gemeinschafts- und Freiräume, sondern auch durch umfassende Maßnahmen zur Betreuung und Stärkung der jungen Hausgemeinschaften aus“, heißt es in der Pressemeldung der Stadt Wien vom 27. Mai 2010. Im Rahmen der Projekte werden beispielsweise interkulturelle HausbetreuerInnen eingesetzt. Daneben werden unter anderem multifunktionelle Räume für Ateliers, ein Weltcafé, eine betreute Wohngemeinschaft für acht Jugendliche mit Migrationshintergrund und eine Familienberatungsstelle aufgebaut. So soll eine neue Qualität des Zusammenlebens zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen realisiert werden. Und bestenfalls tragen solche Projekte tatsächlich dazu bei, derartige Ziele zu erreichen.

Ein interkulturelles Wohnprojekt in Hamburg

Man muss nicht zwangsläufig nach Österreich schauen, um interkulturelle Wohnprojekte zu finden. Im Reiherstiegviertel (Veringstraße) des Hamburger Stadtteils Wilhelmsburg entsteht derzeit ein interkulturelles Wohnhaus für Senioren beiderlei Geschlechts aus unterschiedlichen Kulturen. Entstehen sollen auf zwei Ebenen Wohnungen für türkische und deutsche Senioren sowie eine „Wohngemeinschaft für demenziell erkrankte, türkische Senioren“ mit einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Zum Wohnhaus gehören auch ein türkisches Bad, eine Tagesstätte und eine Café, die jeweils eigene Formen von Begegnung ermöglichen. Projekte wie diese sind ein Beleg dafür, dass die Bedeutung von Immobilien und der Art und Weise, wie sie konzipiert werden, oftmals weit über Fragen rund um Immobilienwirtschaft und Architektur hinausreicht: Immobilien können vielleicht auch ein Stück dazu beitragen, gesellschaftliche Realitäten neu zu definieren.