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Zugegeben, die Frage in der Überschrift klingt wie eine Provokation. Allerdings kann man sie durchaus auch einfach als berechtigte Frage verstehen: Nur 8,6 Prozent des gesamten Investitionsvolumens im Immobiliensektor wurden im ersten Halbjahr 2010 laut einer Hochrechnung des IVD (des Immobilienverband Deutschland) in Ostdeutschland investiert, Berlin einmal ausgenommen. Dabei kann der Osten Deutschlands vielleicht auch abseits sich gut entwickelnder Städte wie Potsdam und Dresden Chancen bieten: in ländlicheren Regionen. Investoren brauchen dort wohl allerdings oftmals einen etwas längeren Atem.

Man darf nicht pauschalisieren

Von Ostdeutschland und Immobilien zu reden, ist so schwierig, wie den Immobilienmarkt in alten Bundesländern in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Die Gefahr von unzulässigen Pauschalisierungen ist groß. In der brandenburgischen Hauptstadt Potsdam kostet ein frei stehendes Einfamilienhaus laut einer Studie des Immobilienunternehmens TLG Immobilien inzwischen bis zu 650.000 Euro. In Dresden lag der Spitzenpreis immerhin bei 500.000 Euro. Auf den Plätzen folgten die Städte Jena, Leipzig und Erfurt. Wer hier vor Jahren in Wohnimmobilien investiert hat, hat gute Chancen, sich mittlerweile über eine Wertsteigerung freuen zu können. Allerdings sieht die Situation in den ländlichen Regionen anders aus. Kleinere Städte wie etwa Zwickau und Görlitz schrumpfen seit geraumer Zeit und treiben Sorgenfalten auf die Stirn dortiger Immobilienbesitzer. In Zwickau sank die Anzahl der Einwohner beispielsweise von 114.632 Personen Ende 1990 auf 94.029 Einwohner Ende 2009. Görlitz hatte 1990 72.237 Einwohner. Ende 2009 waren es nur noch 55.928 und die Bertelsmann Stiftung prognostiziert sowohl für Görlitz als auch für Zwickau einen weiteren Rückgang. Das macht nicht unbedingt Lust auf Immobilieninvestitionen.

Chancen in ländlichen Regionen Ostdeutschlands

Aber vielleicht sollte man sich auch beim Blick auf ländlichere Regionen in Ostdeutschland vor Pauschalurteilen hüten? Marian Ziburske von der Westminster Unternehmensgruppe meint zumindest im Interview mit der Fachzeitschrift für Finanzprofis „procontra“, es gäbe auch in weniger gefragten Kleinstädten Ostdeutschlands durchaus „wahre Renditeperlen“. Die Westminster-Gruppe sitzt heute in Forst, der Kreisstadt des Spree-Neiße-Kreises in der Niederlausitz, und investiert fast ausschließlich in ostdeutsche Immobilien. Ein Geheimtipp sind für Marian Ziburske Kleinstädte im Schneewittchenschlaf“ an der polnischen Grenze, verriet er dem Magazin „procontra“. Wer bereit ist, hier sein Geld zu investieren und möglicherweise auch zu sanieren, und wer nicht auf die ganz schnelle Rendite hofft, kann möglicherweise längerfristig ein gutes Geschäft machen: günstig Immobilien einkaufen, sanieren und dann auf mögliche Wertsteigerungen warten. Manch einer wird so etwas allerdings weiterhin für ein unbefriedigendes „Warten auf Godot“ halten, das ewig und drei Tage lang dauert. Immerhin: Die Telekom begann den Ausbau Ihres neuen LTE Mobilfunknetzes (Long Term Evolution) für schnellstes mobiles Internet in der brandenburgischen Kleinstadt Kyritz. Die wie Görlitz und Zwickau schrumpfende Stadt dürfte in Sachen Breitband-Internet nun vielen anderen Städten voraus sein. Vielleicht sollte man das als Symbol sehen und nun auch für den Immobilienmarkt auf den Booster hoffen, der solche Städte irgendwann nach vorne treibt?