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In Birken Honigessen wird eine ehemalige Dorfgaststätte in ein Mehrgenerationenhaus verwandelt, das zugleich ein lebendiger Mittelpunkt des Dorfes bleiben soll. Dies ist vielleicht nicht die bedeutendste aller Immobilien-Nachrichten, die angesichts einer Reihe vieldiskutierter Großprojekte derzeit in Deutschland existieren. Aber es ist ein Beispiel für Projekte im ländlichen Raum, mit denen die Attraktivität des Lebens dort gesteigert werden soll, bisweilen auch, um mögliche Abwanderungen zu stoppen. So wie vermutlich die Projekte, die sich 2013 im Wettbewerb „Zu Hause in ländlichen Räumen“ der Reihe „Menschen und Erfolge – Aktiv für ländliche Infrastruktur“ präsentieren. Leben auf dem Land ist gar nicht so schlecht.

Die Gaststätte, die zum Wohnprojekt wird

Birken Honigessen ist eine Ortsgemeinde der Verbandsgemeinde Wissen, die im rheinland-pfälzischen Landkreis „Altenkirchen“ liegt. Die Gemeinde hat etwa 2.546 Einwohner und besteht aus 25 Ortsteilen. In Birken Honigessen liegt eine 1967 erbaute Immobilie, die viele Jahre lang Standort des Gasthauses Demmer gewesen ist. 2010 verkaufte das Wirtsehepaar Demmer die Gaststätte dann allerdings an das Morsbacher Ehepaar Anne und Johannes Mauelshagen. Dieses Paar ist nun einer der Initiatoren beim Umbau der ehemaligen Dorfgaststätte, schreibt die Rhein Zeitung in ihrem Artikel Ende 2012.

Der Umbau ist ein gutes Beispiel für einen dörflichen Kompromiss, der verschiedene Interessen bedient. Starten soll er im Frühling 2013. Im ersten Stock werden sechs, im Dachgeschoss weitere fünf seniorengerechte Wohnungen gebaut. Einen Aufzug und ein neues Treppenhaus soll es auch geben. Das Erdgeschoss wird umgebaut, wenn der Betrieb im Haus bereits läuft, heißt es in der Rhein Zeitung. Neben Senioren schweben den Mauelshagen junge Familien als Mieter vor, sodass ein Mehrgenerationenhaus entstünde, das auch Platz für Beratungsangebote und ein Cafe besitzt. Das neue Haus soll daneben die Funktion der ehemaligen Gaststätte übernehmen, Vereinen der Gemeinde einen Platz für ihre Treffen zu bieten. Und so wird wohl auch das Mehrgenerationenhaus zu einem Zentrum des Dorfes, so wie die Gaststätte es gewesen ist.

Warum bitte dieser Bericht?

Warum wird der Umbau der ehemaligen Dorfgaststätte Demmer in Birken Honigessen hier thematisiert? Ganz unberechtigt ist die Frage wohl nicht. Das Projekt ist möglicherweise ein wichtiges für Birken Honigessen und hat auch Bedeutung für Wissen, aber für die meisten übrigen Kommunen reduziert sich seine Bedeutung wohl auch bei großem Wohlwollen auf ein Minimum. Oder? Interessant für alle könnte das Projekt als Beispiel dafür werden, dass man vielerorts im Land dafür sorgen muss und auch sorgt, die Attraktivität von Dorfleben zu erhalten oder gar zu steigern, um zumindest die noch in Dörfern fernab größerer Städte lebenden Menschen zum Bleiben zu animieren oder gar neue Bewohner zu locken.

Menschen und Erfolge

Solche und ähnliche Ziele werden auch auf höchster Ebene, auf der Ebene des Bundes verfolgt. Das geschieht beispielsweise mit den Wettbewerben des Programms „Menschen und Erfolge – Aktiv für ländliche Infrastruktur“. 2011 ging es beim Wettbewerb um die Themenfelder „Technische und soziale Infrastruktur nachhaltig sichern!“, „Infrastruktur für innovative Wirtschaftsaktivitäten entwickeln!“, Gemeinschaftsleben in ländlichen Räumen verbessern!“ und „Kulturlandschaften und ländliche Baukultur stärken!“. Ausgezeichnet wurden damals unter anderem die Projekte „Dorfladen Heilgersdorf“ sowie „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ im nordrhein-westfälischen Hiddenhausen.

„In ländlichen Räumen mobil“ hieß das Oberthema des Jahres 2012 und 2013 ist das Thema „Zu Hause in ländlichen Räumen“ dran. Die Themenfelder sind in diesem Jahr „Neue Wohnformen und -konzepte für alle Generationen“, „Innovatives Bauen für die Gemeinschaft“ und „Bauen im Bestand“. Man darf gespannt sein, wer sich da präsentieren wird. Festzuhalten bleibt erst einmal: Es sind Initiativen wie die in Birken Honigessen und Wettbewerbe wie „Menschen und Erfolge“, die das Leben in dörflichen Gemeinschaften beflügeln. Nicht jedes Dorf bedarf solchen Engagements in gleichem Ausmaße. Einige aber brauchen sehr viel davon.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Rolf

    Toller Beitrag mit interessanten und hilfreichen Tipps.

  2. Ihr Schreibstil ist wirklich klasse, mir gefällt vor allem der Absatz „Warum dieser Bericht?“. Inhaltlich schöne Ideen, die allerdings ohne passende Verkehrs-Infrastruktur kaum etwas bringen (behaupte ich). Solange nicht eine brauchbare ÖPNV-Anbindung oder eine Autobahn in der Nähe ist, werden wir wohl noch einige Orte „aussterben“ sehen – schade, denn Landleben ist schon was Feines, vor allem wenn man nur die Stadt gewohnt ist.

  3. ansgar

    Ich darf mich erst einmal sehr für das Kompliment bedanken. Vielen Dank. Und ja, ich denke auch, dass eine schlechte Verkehrsinfrastruktur dem Überleben manch eines Ortes im Wege stehen dürfte. Auf der anderen Seite wäre es vielleicht zumindest für einige Orte, die nicht Lichtjahre von der nächsten Metropole entfernt sind, denkbar, dass sie angesichts teils deutlich steigender Preise für Stadtwohnungen an Attraktivität gewinnen? Möglicherweise nehmen Menschen Nachteile des Landlebenes aufgrund der möglichen Einsparungen wieder eher als heute in Kauf, sofern sie das Einsparpotenzial bei Mieten nicht auffressen? Ich bin sehr gespannt.

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