You are currently viewing ZOM II in Düsseldorf und die Brandschutzbremse

Das Wort „Brandschutz“ fällt immer wieder einmal, wenn es um Verzögerungen bei Bauprojekten geht. Eins der prominentesten Beispiele dafür ist wohl der Flughafen Berlin-Brandenburg. Aber auch Nordrhein-Westfalen hat mindestens ein Projekt mit einem Brandschutzproblem. Das Zentrum Operative Medizin (ZOM II) in Düsseldorf wartet noch immer auf seine Eröffnung, weil Brandschutzauflagen noch nicht erfüllt sind. Da fragt man sich, was da eigentlich schief geht? Hat Deutschland zu strenge und/oder zu komplizierte Brandschutzvorschriften oder funktioniert einfach die Zusammenarbeit zwischen Brandschutzexperten und Bauherren nicht optimal?

Das Operationszentrum, das auf Eröffnung wartet

Das neue Operationszentrum der Düsseldorfer Uni-Klinik besitzt etwa 19.000 m² Nutzfläche auf fünf Etagen. Es bietet Platz für 288 Betten, hat zwei Intensivstationen und acht gut ausgerüstete OP-Säle. Die Pläne für das Zentrum Operative Medizin (ZOM II) reichen zurück bis ins Jahr 1989, in dem die Ausschreibung fürs Projekt endete. Baubeginn war dann jedoch erst im Jahr 2006, Richtfest ein Jahr später. 2010 sollte alles fertig werden, was aufgrund von Bauverzögerungen jedoch nicht der Fall war. Die neu angepeilte Fertigstellung des ZOM II im Frühjahr 2012 wurde dagegen eingehalten. Das ZOM II ist seither im Prinzip fertig und dann irgendwie doch wieder nicht. Die Mängel liegen im Detail. Drei Sachverständigen-Gutachten hätten wesentliche Mängel des Baus aufgezeigt, vor allem beim Brandschutz, berichtete Uni-Sprecherin Susanne Dopheide im Januar 2013. Medien berichten unter anderem von sechs auszutauschenden Brandschutzklappen, einem Aufzug, der nachgerüstet werden muss, und eine aufwendige nachträgliche Verkabelung der Notstrombeleuchtung.

Und so steht der etwa 170 Millionen Euro teure Neubau heute noch immer leer. Gute Nachrichten gibt es aber auch: Die Behebung der Mängel nimmt nur ein Vierteljahr in Anspruch und die nachträglich notwendig gewordenen Arbeiten werden die Kosten des Projekts nicht allzu sehr nach oben treiben, sagte sinngemäß Hans Gerd Böhme, Niederlassungsleiter des als General-Bauplaner agierenden Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB). Es dürfte dennoch bis Ende 2013, Anfang 2014 dauern, bis das Operationszentrum öffnet. „Kein Land in Europa hat eine Vorschriftenlage wie Deutschland“, zitiert der Westdeutsche Rundfunk (WDR) Böhme am 21. Januar 2013.

Brandschutz ist beim Krankenhausbau aufwändig

Beim baulichen Brandschutz sind Dinge wie das Brandverhalten von Baustoffen, der Feuerwiderstand von Bauteilen, der Fluchtwegeplan und der Einbau von Sprinklerlagen wichtig, wobei die Vorschriften teils sehr ins Detail gehen. Für Gebäude wie Krankenhäuser wird zudem ein Brandschutzkonzept verlangt, das unter anderem dazu beitragen soll, das Entstehen von Bränden zu verhindern sowie die Rauch- und Feuerausbreitung zu begrenzen. In Nordrhein-Westfalen werden die Aufgaben des Brandschutzkonzepts in Paragraf 9 der Verordnung über bautechnische Prüfungen definiert.

Damit ein effektiver Brandschutz gewährleistet wird, existieren zudem sogenannte Brandszenarien, mit denen durchgespielt wird, wie Feuer sich im jeweiligen Gebäude ausbreiten könnte. Je nach Art des Gebäudes ist eine unterschiedlich hohe Anzahl an Brandszenarien relevant. Bei Krankenhäusern sind es 190, die für die Betriebserlaubnis berücksichtigt werden müssen, während in anderen öffentlichen Bauten nur etwa ein Dutzend Szenarien eine Rolle spielen, schreibt der Westdeutsche Rundfunk. Das macht deutlich, auf welche Herausforderungen Bauherren bei einem Krankenhausbau treffen.

Ist Deutschland zu streng beim Brandschutz?

Angesichts der Probleme beim ZOM II und der Aussage von Hans Gerd Böhme, dass kein europäisches Land eine Vorschriftenlage wie Deutschland besitzt, könnte man auf die Idee kommen, dass Deutschland es mit dem Brandschutz übertreibt. Aber ist dem wirklich so? Dass Brandschutz und Brandschutzkonzepte in öffentlichen Gebäuden funktionieren, wird bei vielen dieser Gebäude während ihrer Lebenszeit nicht ein einziges Mal wichtig. Wenn es aber doch wichtig wird, kann jede nicht beherzigte bauliche Brandschutzmaßnahme Leben kosten. 1996 starben 17 Menschen während des Flughafenbrandes in Düsseldorf. Das ist ein Hauptgrund dafür, dass NRW seither schärfere Brandschutzregeln definiert, heißt es in den Medien.

„Seit Düsseldorf sind die Anforderungen an die Qualität der Brandschutzmaßnahmen deutlich gestiegen“, wird etwa der Brandschutzexperte Prof. Wolfram Klingsch (Uni Wuppertal) im WDR Bericht zitiert. Noch sehr frisch in Erinnerung ist der Diskothekenbrand in Brasilien mit über 200 Toten im Januar 2013. „Eine Brandkatastrophe, wie sie in Brasilien stattgefunden hat, ist in Deutschland eher unwahrscheinlich“, zitierte die Nachrichtenagentur dpa damals den Brandschutzexperte des Unternehmens Dekra Hans-Jörg Scherbening. Grund dafür seien die hohen Brandschutzauflagen in Deutschland. Manchmal sind viele Regeln vielleicht auch gut?

Die vielleicht wichtigere Frage

Im Vergleich zur Frage, ob Deutschland zu hohe Brandschutzauflagen hat, ist vielleicht die folgende Frage wichtiger: Wie lässt sich baulicher Brandschutz besser in Bauprojekte integrieren, sodass es zukünftig nicht zu Stillständen aufgrund nicht beachteter Regeln kommt. Beim ZOM II führen sie immerhin laut diverser Medienberichte zu Kosten für Leistungen wie Security, Wartung und Reinigung von etwa zwei Millionen Euro im Jahr, denen keine Einnahmen gegenüberstehen, solange der Betrieb nicht läuft. Um noch weitaus größere Zahlen geht es beim Flughafen Berlin-Brandenburg. Aber das ist eine ganz eigene Geschichte, die hier dieses Mal nicht erzählt werden soll, obwohl das Thema „Brandschutz“ auch zu ihr gehört.

Möglicherweise ist die Frage, wie Brandschutzauflagen möglichst problemlos bei Bauprojekten erfüllt werden, nicht nur für Großprojekte wichtig, sondern wird künftig auch für deutlich kleinere Projekte zukünftig bedeutender. Michael Rost, Professor für Brandschutz an der Hochschule Magdeburg-Stendal sieht zwar derzeit ein hohes Brandschutzniveau in Deutschland, das aber vor allem von den Freiwilligen Feuerwehren lebt. Das berichtete die Mitteldeutsche Zeitung am 20. März 2013. Durch den demografischen Wandel könnten die Freiwilligen Feuerwehren gerade in ländlichen Regionen jedoch ausdünnen, sodass es künftig schwierig werden könnte, das hohe Niveau beim Brandschutz aufrechtzuerhalten. Das macht stärkere Investitionen in den Brandschutz bei Gebäuden nötig. Im Vergleich zu Ländern wie Skandinavien, Großbritannien und den USA sei Deutschland beim baulichen Brandschutz in gewisser Weise ein Entwicklungsland, weil die Forschung anderswo deutlich weiter ist, wird Rost in der Mitteldeutschen Zeitung zitiert. Regeln gut, Forschung nur „geht so“? Es bleibt scheinbar noch einiges zu tun beim Thema Brandschutz, auch in Deutschland. Die Frage, wie er sich optimal in Bauprojekte integrieren lässt, wird wohl vorerst nicht an Bedeutung verlieren.