You are currently viewing Netto-Plusenergiehaus – mehr Strom fürs eigene Leben

In der baden-württembergischen Stadt Leonberg steht ein Netto-Pluseenergiehaus. Netto-Plusenergie klingt irgendwie gut. Andererseits muss man sich im Gewirr der Begrifflichkeiten rund um energieeffiziente Häuser erst einmal zurechtfinden: 3-Liter-Haus, KfW-Haus, Niedrigenergie- und Plusenergiehaus und nun ein Netto-Plusenergiehaus. Was zeichnet solch ein Netto-Plusenergiehaus aus? Es produziert mehr Energie als es verbraucht, was es zunächst einmal mit anderen Plusenergiehäusern gemeinsam hat. Der Unterschied: Produzierter Strom wird nicht in erster Linie ins öffentliche Stromnetz eingespeist, sondern vor allem von den Hausbewohnern selbst genutzt.

Die ewige Diskussion um den Strompreis

Strompreise sind immer wieder in der Diskussion. Aktuell ist es die Diskussion um die Gebühren für die Stromnetze. Die einen zahlen. Die anderen nicht oder viel weniger. Die einen sind kleine Betriebe und Privathaushalte, die anderen Großunternehmen mit hohem Strombedarf. Dienen solche Maßnahmen dem Wirtschaftsstandort Deutschland oder sind sie doch letztlich nur nichts als eine Ungerechtigkeit? Die Frage soll hier nur am Rande von Bedeutung sein. Dass sie aktuell in der Diskussion ist, dürfte aber manch einen zum Träumen animieren, wie schön doch eine stärkere Unabhängigkeit von externer Stromversorgung sein könnte. Und dann schweift der Blick vielleicht in Richtung Leonberg, wo das Netto-Plusenergiehaus seit 2010 steht.

Das Netto-Plusenergiehaus in Leonberg

Entworfen wurde das Netto-Plusenergiehaus, das jetzt von einer vierköpfigen Familie bewohnt wird, vom Architekturbüro Berschneider + Berschneider aus Pilsach bei Neumarkt an der Oberpfalz. Bauherren des Projekts sind Professor Doktor Norbert und seine Frau Karin Frisch. Von Norbert Frisch und seinem Team an der Technischen Universität Braunschweig (Institut für Gebäude- und Solartechnik IGS) stammt auch das Energiekonzept des Hauses mit 210 m² Wohnfläche. Das Konzept liest sich ein wenig wie das „Who is Who“ der Energieeffizienz.

  • Wärme: Geheizt wird einerseits mit einer Wärmepumpe, deren drei Erdsonden Wärme aus 95 Metern Tiefe nutzbar machen. Zugleich tragen auch sieben Quadratmeter Kollektorfläche auf dem Dach zur Wärmegewinnung bei. Zum Wärmekonzept gehören daneben eine sehr gute Dämmung und Dreifachverglasungen der Fenster. Zusätzlich sorgt eine Wärmerückgewinnung beim kontrollierten Luftaustausch dafür, möglichst viel der produzierten Wärme im Haus zu halten. Der gesamte Heizenergiebedarf liegt bei 25 Kilowattstunden pro m² und Jahr, was bei 210 m² Wohnfläche 5.250 Kilowattstunden pro Jahr ergibt. Umgerechnet auf eine 80 m² große Wohnung ergeben sich 2.000 kWh/Jahr.
  • Strom: Die Photovoltaikmodule auf dem Süddach des Hauses bietet eine Gesamtleistung von etwa 15kWp. Das Besondere ist hier die Priorität des Eigenbedarfs. Produzierter Strom wird nicht überwiegend ins öffentliche Netz eingespeist und von dort wieder bezogen, was Gebühren für die Stromnetze nach sich zöge. Er wird vielmehr zunächst direkt für den Eigenbedarf des Hauses genutzt, in Batterien gespeichert und zusätzlich dafür verwendet, Elektrofahrzeuge mit Strom zu versorgen, da die Menge produzierten Stroms den Strombedarf des Hauses deutlich übersteigt. Ins öffentliche Netz wird nur der Strom eingespeist, der nicht selbst benötigt wird.

Für das Thema Energieeffizienz sensibilisieren

Häuser wie das Leonberger Netto-Plusenergiehaus sind noch immer Häuser mit Seltenheitswert und Testballons zugleich. Im Leonberger Netto-Plusenergiehaus wird kontinuierlich gemessen, damit gewonnene Daten ausgewertet und Erkenntnisse für zukünftige Projekte genutzt werden können. Aber solche Häuser zeigen, was heute bereits machbar ist und dürften potenzielle Hauskäufer und -erbauer weiter für das Thema Energieeffizienz sensibilisieren. Aktuelle Diskussionen um Strompreise können solche Prozesse nochmals deutlich beschleunigen.