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Der Tagesspiegel nennt die Geschichte der Kirche von Unten KvU in seinem jüngsten Bericht eine typische Berliner Geschichte. Das glückliche Ende dieser Geschichte, von dem im Artikel die Rede ist, dementieren die Aktivisten allerdings in ihrem eigenen Blog.

Die Geschichte der Kirche von Unten
Die KvU gründete sich im Jahr 1987 als Oppositionsgruppe in der damaligen DDR. Anlässlich des evangelischen Kirchentages im noch von der Mauer umschlossenen Ost-Berlin entstand die Gruppe als Gegenpol zu dieser staatlichen Großveranstaltung. Seit 1992 hat die KvU ihren Sitz in den Arkonahöfen, einem Eckhaus in der Kremmener Straße in Berlin Mitte. Von dort aus betreibt die Gruppe bis heute aktive Sozialarbeit. Ihr Pressesprecher Elias Greger spricht von gewachsenen sozialen Strukturen, die man nicht einfach beseitigen könne. Genau das hat die Eigentümergesellschaft nun aber vor. Obwohl nach Aussage Gregers jede Woche mehrere hundert Gäste zur KvU in die Arkonahöfe kommen. Die im Jahre 1910 erbaute Immobilie gehört der Immowert Arkonahöfe Berlin GmbH, einem Zweig der Immowert Immobiliengruppe Wien. Der Mietvertrag mit der KvU wurde nicht mehr verlängert, so dass dem sozialen Projekt eigentlich schon zum Ende des Jahres 2012 das Aus gedroht hätte. Aber die KvU machte unbeirrt weiter mit ihrem gemeinnützigen Schaffen. Lediglich der Verein Sozialdiakonische Jugendarbeit im Verbund e.V. verließ im vergangenen April seine Räume in den Arkonahöfen. Die beiden vom Senat finanzierten Sozialarbeiter des Trägers zogen übergangsweise in eine Eisdiele in der Samariterstraße im Bezirk Friedrichshain um. Alle anderen am KvU Projekt Beteiligten blieben aber einfach an ihrem angestammten Platz in Mitte. Zwar übergab man die Schlüssel des Objekts an die Hausverwaltung, wechselte aber darauf hin sogleich die Schlösser aus. Die Aktivisten der KvU erklärten der Gegenseite, sie seien dem Verein Mobile Bausubstanz beigetreten, der bei der Räumungsklage außer Acht gelassen worden sei. Das Projekt lief weiter wie bisher, KvU und ‚Mobile Bausubstanz‘ blieben nicht einmal ihre Mietzahlungen schuldig.

Das nächste Kapitel vor Gericht
Im Februar wird nun mit dem anstehenden Gerichtstermin das nächste, und womöglich letzte, Kapitel dieser Geschichte aufgeschlagen. Die Immowert möchte nun auch gegen den verbliebenen Mieter einen Räumungstitel einklagen. Damit wäre das Schicksal des linksalternativen Projekts Kirche von Unten besiegelt. Die Pläne des jetzigen Eigentümers riechen nicht nur für Elias Greger eindeutig nach Spekulation. Auch der für Jugend und Immobilien zuständige Stadtrat Ulrich Davids meint, dass mit den Arkonahöfen Geld gemacht werden soll. Die angeblichen Spekulanten selbst haben sich bislang nicht zum Vorwurf geäußert, das Bezirksamt Mitte meldet jedoch, dass im ehemaligen Sitz der KvU Eigentumswohnungen und Lofts projektiert seien. Die Häuser sollen dazu noch um zwei Stockwerke erhöht werden. Der Bezirk ist derzeit noch mit der Prüfung der Pläne in einem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren beschäftigt. Wird dies positiv beschieden, werden die Punks und Rocker, die momentan noch das Straßenbild prägen, wohl bald aus dem Kiez verschwunden sein.

Berliner Geschichte mit angeblichem Happy End
Der Tagesspiegel meldet jetzt, dass es für die KvU in letzter Minute zu einem Happy End gekommen sei. Auf Anfrage habe die Zeitung von der Bildungsverwaltung die Auskunft erhalten, dass die Staatssekretärin Sigrid Klebba mit dem Jugendkulturprojekt zu einer Einigung gekommen sei. Die KvU würde Anfang des Jahres in das Gemeindehaus der Reformationskirche umziehen, das in der Wiclefstraße an der Ecke zur Beusselstraße im Westen Moabits liegt. Leider dementierte die KvU diese hoffnungsfrohe Meldung sogleich wieder. In ihrem eigenen Blog geben die Aktivisten an, dass mit dem Senat bisher keine Lösung gefunden worden sei. Ganz im Gegenteil, dieser erschwere der KvU die Suche nach neuen Räumen sogar immer wieder, wie es im Blogartikel heißt. Ein Mietvertrag mit der Reformationsgemeinde ist laut Aussage der KvU ebenfalls nicht zustande gekommen. Die Aktivisten werfen der Staatssekretärin Klebba sogar vor, sich mit einer Lösung zu schmücken, die es in Wirklichkeit gar nicht gebe. Es wäre kein Ruhmesblatt für die Hauptstadt, wenn es sich bei dieser Angelegenheit tatsächlich um eine typische Berliner Geschichte handeln würde.