You are currently viewing Brauchen Büroimmobilien bald Dauer-Marketing?

Der Mieter bezieht seine neue Bürofläche, hat für zwanzig Jahre unterschrieben, ist solvent, verträglich und zahlt immer pünktlich. Für viele Vermieter von Büroflächen wären das wohl traumhafte Zustände. Einstellen muss sich die Mehrheit in Bezug auf die Mietvertragsdauer möglicherweise aber auf andere Dinge. Helge Scheunemann, Leiter Research Jones Lang LaSalle Deutschland, sieht für die Zukunft in Deutschland eine signifikante Zunahme der Drei-Jahres-Mietverträge. Das könnte mehr und intensivere Arbeit für die Vermarkter von Büroimmobilien bedeuten. Um ein aus dem Fußballsport entliehenes und leicht abgewandeltes Trainerzitat* zu nutzen: Nach der Vermarktung ist (fast schon wieder) vor der Vermarktung.

Das Vodafone-Hochhaus und das gute Gefühl von Sicherheit

Vodafone wird der neu gebauten Firmenzentrale in Düsseldorf-Heerdt vermutlich mindestens zwanzig Jahre lang treu bleiben. So lange läuft jedenfalls der Mietvertrag des Unternehmens für den Büroturm, der seit September 2011 gebaut wird und Ende 2012 fertig sein soll. Die Zech/developer-Gruppe als Bauherr kann das etwa 300 Millionen Euro schwere Projekt recht beruhigt angehen, weil nach Fertigstellung auf der Einnahmeseite für einen recht langen Zeitraum verlässlich Geld fließen wird. Neuvermietung und Vermarktung wird beim neu gebauten Vodafone-Hochhaus auf längere Sicht kein Thema sein.

Die Büromieter werden stärker…

Anderen Vermietern neu gebauter Bürofläche oder von Büros in Bestandsbauten ergeht es anders. Sie haben angesichts des von Jones Lang LaSalle beobachteten Trends zu kürzeren Laufzeiten von Mietverträgen auf Europas Büroimmobilien-Märkten weniger Sicherheit. Und sie sehen sich mit einem Markt konfrontiert, auf dem die Mieter zukünftig die bessere Position innehaben werden, schreibt Jones Lang LaSalle in einer Meldung vom 14. Dezember 2011. in ihr werden unter anderem Ergebnisse des Offices 2020 – Programms von Jones Lang LaSalle präsentiert. Offices 2020 beleuchtet – so das Unternehmen –  „die Kernpunkte der Herausforderungen, die sich Büronutzern, Investoren und Entwicklern in der nächsten Dekade stellen“. Jones Lang LaSalle hat dafür 150 Experten aus Europa und dem Mittleren Osten befragt und die Ergebnisse zehn Leitfragen zugeordnet. Frage 7 lautet: „Wie und warum wird sich das Mietverhältnis und die Beziehung zwischen Eigentümer und Nutzer verändern?“ Insgesamt achtzig Prozent der befragten Experten haben geantwortet, dass sich das Kräfteverhältnis in Richtung der Nutzer verändere.

…und die Mietzeiten tendenziell kürzer

Laut Helge Scheuermann von Jones Lang LaSalle sind aktuell etwa 75 Prozent aller Verträge für Bürovermietung 5- bis 10-Jahres-Verträge, was sich zukünftig signifikant ändert. 3-Jahres-Verträge gewinnen an Boden und sollen laut Jones Lang LaSalle 2020 bereits rund vierzig Prozent aller neuen Vertrags-Abschlüsse ausmachen. Mit der Tendenz zu sinkenden Vertrags-Laufzeiten ist Deutschland in Europa kein Einzelfall, heißt es. In Central London lag die durchschnittliche Mietvertragsdauer 2001 noch bei 12,7 Jahren und war bis 2011 auf 7,9 Jahre gesunken. Für Westeuropa prognostiziert Jones Lang LaSalle bis 2020 einen Rückgang der Durchschnittszeiten auf fünf Jahre.

Der Markt würde belebter werden

Im JLL Szenario mit einem hohen Anteil der 3-Jahres-Mietverträge auf dem deutschen Bürovermietungs-Markt würden zugleich die jährlichen Umsatzaktivitäten bis 2020 im Vergleich zu heute um etwa zehn Prozent steigen. In den Big 7 stünden pro Jahr rund elf Millionen m² zur Neuverhandlung an, schreibt Jones Lang LaSalle. Treffen die Prognosen ein, dürfte die Marketingaktivität des Eigentümers oder des vom Eigentümer beauftragten Unternehmens zukünftig auch bei Vollvermietung einer Büroimmobilie nie ganz beendet sein. Drei Jahre sind kurz. Und nach drei Jahren wird möglicherweise bereits die erste Neuverhandlung mit einem bestehenden Mieter oder aber die Suche nach einem Neumieter notwendig.

Die Zukunft als Herausforderung

Da könnte es einerseits zukünftig deutlich wichtiger als bisher werden, die jeweilige Büroimmobilie und ihre Vorzüge durch geschicktes Marketing aus der Menge vergleichbarer Objekte herauszuheben. Andererseits wird auch das beste Marketing an seine Grenze stoßen, wenn Mankos der Immobilie selbst wie etwa mangelnde Energieeffizienz vielleicht irgendwann zu schwer wiegen. Kurze Mietvertragslaufzeiten können auch bedeuten, dass sich ein älter werdender Bestandsbau früher als zuvor mit energieeffizienten Neubauten messen muss. Da kann man sich als Vermieter dann nach Verhältnissen wie beim Vodafone-Neubau sehnen. Oder man nimmt die Herausforderung an.

* Die Worte „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ stammen von Trainer Sepp Herberger. 

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