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Das Münchner Volk hat zusammen mit drei weiteren geplanten Austragungsorten entschieden: Keine olympischen Winterspiele im Jahr 2022. Die Gründe für diese Entscheidung sind so vielfältig wie es vorher die Argumente der Befürworter und der Gegner waren. Beide Lager führten dabei auch die klamme Wohnsituation in München ins Feld. Ob die 1,1 Millionen stimmberechtigten Münchner Bürger den Wohnungsmarkt bei ihrer Ablehnung berücksichtigt haben, bleibt spekulativ. In der Diskussion spielte dieser Aspekt im Vorfeld aber eine nicht ganz unerhebliche Rolle.

Das olympische Dorf als Wohnraum der Zukunft
Die olympischen Winterspiele 2022 hätten auch die Planung eines neuen olympischen Dorfes in München mit sich gebracht. Dieses Projekt sollte auf dem Gelände des Bundeswehrverwaltungszentrums in der Dachauer Straße verwirklicht werden. Die beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften der bayrischen Landeshauptstadt wollten dort Unterkünfte mit 3.500 Betten errichten, die später auch unter ihre Verwaltung gefallen wären. Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude nutzte dieses Bauprojekt als Argument für Olympia. Er sah damit 1.300 neue und bezahlbare Wohnungen als dauerhaften Gewinn für die Stadt München aus den Winterspielen. Denn die Fläche, welche der Bund für den Bau des olympischen Dorfes frei geben wollte, würde der Stadt ohne Olympia nicht als Bauland zur Verfügung stehen. Die Gegner vom Bündnis NOlympia sahen den Segen dieses Wohnraumes hingegen als nicht so großartig an wie der OB. Denn mit 1.300 neuen Einheiten könne die Wohnungsnot der Stadt nicht mal im Ansatz gelöst werden. Das gegnerische Bündnis aus Gruppen wie dem Bund Naturschutz Bayern und den Grünen legte den Fokus auf ganz andere Probleme, die es im Zusammenhang mit den olympischen Winterspielen auf die Wohnungssituation von München zukommen sah.

Olympia und die Mietpreise
Die Olympiagegner vertraten die Meinung, dass ihre Stadt von noch weiter steigenden Mieten bedroht wäre, wenn sie zum Austragungsort der Winterspiele gewählt würde. Sie argumentierten einhellig mit dem ohnehin knappen Wohnraum und den allgemein hohen Lebenshaltungskosten in der bayrischen Landeshauptstadt. Die steigende Zahl von Menschen, die neu nach München kommen, verschlimmere diese Probleme zusehends. In den letzten Jahren war nach Meinung der Gegner bereits eine Verschärfung dieser Problematik zu beobachten gewesen, durch Olympia bestehe die Gefahr eines zusätzlichen Schubes. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag äußerte diese Befürchtung als Sprecherin von NOlympia in der Süddeutschen Zeitung. Der Oberbürgermeister Christian Ude reagierte verständnislos auf dieses Interview. Ihm habe bisher noch niemand erklären können, wieso das von ihm befürwortete Projekt die Mieten für Wohnraum anheben solle. Die olympischen Winterspiele mit den im Anschluss veranstalteten Paralympics hätten doch zusammen nur wenige Wochen gedauert. So äußerte sich der OB auf der Webseite des Münchner Rathauses. Die Immobilienwirtschaft hatte sich noch bei der Bewerbung für Olympia 2018 zu einem Bündnis zusammengeschlossen, das die Spiele befürwortet hatte. Mehr als 20 Immobilienunternehmen hatten damals mit der Initiative Immo2018 für das Projekt geworben. Allerdings vergebens, wie man heute weiß, denn die Spiele wurden nach Südkorea vergeben. Bei der aktuellen Kampagne mischte sich die Immobilienwirtschaft jedoch kaum ein. Einen Zusammenschluss gab es diesmal nicht. Lediglich die Bayerische Hausbau trat öffentlich als Befürworter in Erscheinung und unterstützte die Initiative Team München 22.

Alles Grantler in München?
Selbst ihr eigener Oberbürgermeister denunzierte sein münchnerisches Wahlvolk als unverständige Dimpflhuber. Seine städtischen Pressemitteilungen vom Freitag vor dem Bürgerentscheid sind voller Hohn und Spott für die Verweigerer. Seiner Meinung nach wollten die Olympiagegner einfach nicht kapieren, was für ein großartiges Geschenk sie sich da durch die Lappen gehen ließen. Dabei sind die Münchner eigentlich gar nicht die grantelnden Totalverweigerer, als die sie ihr OB hier darstellt. Denn in der Historie der bayrischen Landeshauptstadt lassen sich viele Gegenbeispiele finden. Dazu gehört beispielsweise die neue Pinakothek der Moderne mit dem Museumsquartier, das sie umgibt. Ihren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber überraschten die Landeshauptstädter damals mit einer privaten Stiftung. Darin stellten die Münchner Bürger in Windeseile stattliche elf Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung. Wenn die Menschen die Frage ‚Was nützt´s der Allgemeinheit?‘ also zufriedenstellend beantworten können, zeigen sie sich durchaus innovativ. Das war aber offensichtlich bei den geplanten olympischen Winterspielen nicht der Fall. Insbesondere gilt diese Tatsache wohl in Bezug auf die problematische Wohnsituation in München. Welche Rolle dieser Aspekt bei der Entscheidung auch immer gespielt haben mag.