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Berlin, Hamburg und Bremen gehören zu den deutschen Städten, in denen sich die Wohnungsmieten 2011 laut Bericht zur Lage am Wohnungsmarkt besonders verteuert haben. Spitzenreiter bei den Mietanstiegen sind die drei großen Städte allerdings nicht. Platz 1 bei den Mietanstiegen gebührt stattdessen Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen ungefähr 55.000 Einwohnern und nicht jeden Greifswalder wird das freuen. Werfen wir doch einmal einen Blick auf die Stadt mit der Rekord-Mietpreissteigerung 2011 und fragen uns, warum es diesen Anstieg dort gab. Mutmaßen kann man ja einmal.

Greifswald hat einen Spitzenplatz

Am 17. Oktober 2012 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung den zweiten Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland vorgelegt. In ihm wurden unter anderem die Städte mit den höchsten Mietpreis-Steigerungen im Jahr 2011 in Deutschland dokumentiert. Berlin und Hamburg kamen hier auf einen Anstieg von 7,4 beziehungsweise 7,5 Prozent. Freiburg und Bremen verzeichneten 8,1 beziehungsweise 8,8 Prozent. Und dann wäre da noch Greifswald: Die Stadt verzeichnet einen durchschnittlichen Mietanstieg von 10,4 Prozent und damit bei der Mietendynamik einen deutlichen ersten Platz.

Greifswald Mieten – der IST-Zustand

Im Mietspiegel 2012 der Stadt Greifswald wird für 50 bis 65 m² große und zwischen 1969 und 1990 erbaute Wohnungen mit einfacher Ausstattung ein Quadratmeterpreis von durchschnittlich 3,91 Euro angegeben. Eine ansonsten gleiche Wohnung kostet mit normaler Ausstattung durchschnittlich 4,38 Euro/m² und mit guter Ausstattung 4,64 Euro/m². In einem ab 2002 erbauten Haus zahlt man für eine Wohnung der vorab genannten Größe mit guter Ausstattung 7,41 Euro/m². Das sind natürlich einerseits Preise, die weit entfernt von denen in Deutschlands teuerster Wohnstadt München liegen. Auf der anderen Seite sind es natürlich nur Richtpreise und die Realitäten auf Greifswalds Wohnungsmarkt scheinen etwa den Studenten der Universitätsstadt bisweilen zu schaffen zu machen.

Studenten klagen bereits 2011

Die Mieten seien in der Stadt so hoch, dass Studenten häufig an den Stadtrand ziehen, berichtet etwa die Zeitung „Welt“ bereits Anfang 2011. Ein 20-Quadratmeter-Zimmer koste in Greifswald mittlerweile 400 Euro und es gäbe für solche Wohnungen zahlreiche Bewerber, wird der damalige AStA-Referent für Wohnangelegenheiten der Universität Greifswald, Tommy Kube, in der Zeitung zitiert. Etwas Besonderes ist das allerdings noch nicht. Die Zeitung berichtet auch über andere Städte mit ähnlichen Verhältnissen. Und dennoch hat der Status von Greifswald als Universitätsstadt Einfluss auf das Mietniveau, das – so die Stadt selbst – im Vergleich zum Umland recht hoch ist. Die Dynamik im letzten Jahr ist damit jedoch noch nicht erklärt.

Eine Prognose und eine Realität

Möglicherweise sind die Studentenzahlen tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung? Immerhin bescheinigt der Bericht „Haushalts- und Wohnraumnachfrageprognose bis 2020 für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald“ aus dem Jahr 2010 dem Wohnungsmarkt der Stadt eine hohe Abhängigkeit von der Entwicklung der Universität Greifswald. Zugleich heißt es in dem Bericht der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, dass a) die Zahl der Studenten in Greifswald bis 2020 um 1.600 sinkt, b) die Bevölkerungszahl der Stadt sich bis 2020 um vier Prozent reduziert und dass c) die Zahl der „wohnungsnachfragerelevanten Haushalte um 2,8 Prozent beziehungsweise rund 840 Haushalte auf 28.780 Haushalte sinken wird. Zugleich hat man es aktuell allerdings noch mit einem Anstieg der Studentenzahlen an der Universität Greifswald zu tun. Im Wintersemester 2003/2004 gab es hier 9.295 Studierende; die Zahl stieg seither stetig und erreichte im Wintersemester 2011/2012 insgesamt 12.452.

Es könnte sein…

Es könnte sein, dass sich Greifswald etwa durch die Reduzierung von Wohnungen wie im „Ostseeviertel Parkseite“ auf ein Übermorgen mit möglicherweise reduzierten Bevölkerungszahlen vorbereitet und dadurch das Angebot heute etwas zu sehr verknappt. Das Ostseeviertel Parkseite hatte 2001 einen Leerstand von 22,8 Prozent und wurde 2002 im Stadtumbaukonzept zum Umstrukturierungsgebiet mit dringender Priorität erklärt. Der Umbau ist mittlerweile abgeschlossen und Wohnungen werden über Wartelisten vergeben (Stand: 2011), berichtet die Seite Stadtumbau-ost.info. Insgesamt 801 Wohnungen wurden zurückgebaut, heißt es auf der Seite weiter, der Rest wurde unter anderem energetisch saniert. Vielleicht bietet auch das einen Ansatz, den deutlichen Mietpreisanstieg in Greifswald zu erklären? Was saniert wird, wird zumindest bei der Kaltmiete in der Regel nicht unbedingt preisgünstiger. Warum Greifswald? Eine verbindliche Antwort werden zumindest wir hier und heute wohl nicht geben können.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. In den letzten 2 Jahren mag es auch an den doppelten Abi-Jahrgängen liegen, hier in Lüneburg scheint das jedenfalls ein erheblicher Faktor zu sein. Studenten wollen gern auch so nah wie möglich an der Uni wohnen, obwohl vielleicht in 3 KM Entfernung wesentlich preiswertere Immobilien zu finden sind…

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