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„Stadtmitte am Fluss“ nennt sich Saarbrückens Großprojekt, mit der die saarländische Hauptstadt ihre Rolle als Oberzentrum der Region Saar-Lor-Lux verteidigen möchte. Für das Projekt wurde ein Budget in Höhe von 380 Millionen Euro angesetzt. Bund und Land beteiligen sich an den Kosten und auch die Europäische Union wirkt nicht abgeneigt, als Geldgeber zu fungieren. Aber das Projekt hat nicht nur Freunde.

Eine Stadtautobahn im Tunnel

Hamburg lässt seine HafenCity entstehen. Stuttgart entwickelt mit dem neuen unterirdischen Bahnhof „Stuttgart 21“ auch ein neues Gesicht für die Stadt selbst. Und Düsseldorf plant und baut mit seinem Kö-Bogen ebenfalls Großes. In die Gruppe der Städte mit großen Plänen für eine aktive Stadtentwicklung reiht sich auch Saarbrücken ein. Durch das Areal der geplanten Stadtmitte am Fluss führt derzeit noch eine Stadtautobahn, auf der täglich im Durchschnitt 95.000 Kraftfahrzeuge fahren. Sie trennt die Stadtteile Alt-Saarbrücken und St. Johann und verursacht Lärm, der den Aufenthalt in ihrer Nähe bisweilen nicht sehr angenehm macht. Die Stadtautobahn soll nun durch einen Tunnel geführt werden.

…und Platz für urbanes Leben

Das würde Platz für urbane Lebensräume schaffen, die bestenfalls Einwohnern wie Touristen gefallen. Teil des Großprojekts ist eine Revitalisierung der Berliner Promenade an der Saar. „Die Umgestaltung der Berliner Promenade ist der erste Schritt zur Gestaltung der Zukunft Saarbrückens“, sagt Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz über das Projekt. Geplant ist eine „belebte Flaniermeile am Fluss mit urbanem Charakter“. Handel und Gastronomie an der Saar sollen neuen Aufschwung erhalten und Besucher an die Promenade locken, die zugleich zum Ort der Feste und Events werden soll.

Große Projekte als Notwendigkeit?!

Es ist wohl nicht nur die Lust an der Gestaltung des Stadtraums, die Saarbrücken dazu treibt, die ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen. Auch ein wachsender Konkurrenzkampf der Städte ist ein treibender Motor. Die Stadt betont auf ihrer Website selbst, dass sie ohne weiteres Engagement ihre Rolle als führendes Oberzentrum in der Region Saar-Lor-Lux verlieren könnte. Beschönigt wird nichts: Saarbrücken bescheinigt sich selbst sinkende Einwohnerzahlen, eine besorgniserregende Lage des Arbeitsmarktes und eine zunehmende Anzahl leerer Büro- und Geschäftsräume in der Innenstadt. Wenn Konkurrenz Städte antreibt, nach Möglichkeiten zu suchen, lebens- und liebenswerter zu werden, ist das sicherlich erst einmal eine gute Sache. Aber es birgt auch eine Gefahr.

Wird Geld falsch investiert?

Große Stadtumbauten sind vielfach zum Erfolg verdammt. Saarbrückens „Stadtmitte am Fluss“ wird zwar finanziell vom Bund und vom Saarland unterstützt; daneben existieren Chancen auf EU-Gelder. Das erklärte Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer auf einer Veranstaltung im April 2010. Dennoch wird auch die Stadt selbst ihren Beitrag leisten müssen. Ganz einfach wird das vielleicht nicht werden. Angesichts der Verschuldung der Stadt sagte Charlotte Britz  jüngst im SR-Fernsehen: „Wir werden es nicht aus eigener Kraft schaffen.“ Aus dem Vollen schöpfen kann Saarbrücken also nicht. Bestenfalls trägt die „Stadtmitte am Fluss“ dazu bei, die Zukunft der Stadt wieder rosiger zu gestalten. Im ganz ungünstigen Fall wird sie zum schweren Klotz am Bein. Das Projekt hat jedenfalls nicht nur Freunde, wie der Gegnerkreis „Stadtmitte am Fluss“ beweist. Der befürchtet weitere Löcher in der Stadtkasse und den Einsatz von Geldern, die aus seiner Sicht anderswo viel nötiger gebraucht würden. Hoffen wir einfach, dass die Stadtmitte am Fluss ein gutes Projekt für Saarbrücken ist. Wir wünschen es der Stadt jetzt einfach einmal.