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Das Architekturportal „Detail“ hat „Die Wiederentdeckung der Gartenstadt“ als Trend ausgemacht. Dahinter verbirgt sich mehr als der Versuch, urbane Flächen durch einige Parks aufzulockern. Es ist im Prinzip nicht weniger als der erneute Einzug des Landes in die Stadt, die es einst verdrängt hat. Mitten in der Stadt ernten Menschen ihr Gemüse auf Dächern, pflegen kleinflächigen Landbau in einem Agrikulturpark oder im FARM:shop. So etwas könnte Stadtbewohnern urbanes Stadtleben bieten und zugleich ihre Sehnsucht nach ländlicher Idylle stillen.

Ein Agrikulturpark auf Zeit

Am 24. September 2009 wurde der erste Preis beim Wettbewerb „open scale – young & local ideas“ vergeben. Im Rahmen des Wettbewerbs wurden „neue Gedanken und Ansätze für Münchens Stadtentwicklung“ gesucht. Am ehesten entwickelt wurden sie laut Jury vom Team Agropolis mit dem Agrikulturpark im geplanten neuen Münchner Stadtteil Freiham. Agropolis heißt wie das Team auch das Projekt. Ihm liegt die Idee zugrunde, den eigenen Anbau von Nahrungsmitteln und einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource „Boden“ zu fördern. Bis zur vollständigen Entwicklung des werdenden Stadtteils Freiham mit geplanten 20.000 Einwohnern werden voraussichtlich dreißig Jahre vergehen. Agropolis ist vor den Wohnungen da und wird ihnen Stück für Stück weichen. Bleiben werden eventuell eine Reihe von Gärten und ein neues Lebensgefühl der Bewohner von Freiham, die ländliches mit städtischem Leben verbinden.

Was Agropolis möchte

Agropolis wird als „temporäre Farm“ ein Muster für kleinteilige Landwirtschaft in Küchen, auf Balkonen und Dächern sein. Das Projekt soll die Kommunikation zwischen Interessenten und Akteuren fördern, es kooperiert mit Forschungseinrichtungen, bietet Kinder- und Schülerprogramme und kann so die Grundidee der Verzahnung von urbanem und ländlichem Leben weit über Freiham hinaustragen. Aber das Projekt will noch mehr: Es soll auch ein Beispiel nachhaltiger Nahrungsversorgung ohne große Lieferwege sein. Das einzige Beispiel ist es nicht: In der englischen Stadt Todmorden mit ihren etwa 15.000 Einwohnern sorgt annähernd die gesamte Stadt für den Anbau einheimischer Lebensmittel auf Stadtflächen. Bis 2018 soll die komplette Selbstversorgung im Ort möglich sein. FARM:shop ist dagegen wiederum ein Großstadtprojekt, ein Londoner Projekt vom Designbüro „Something & Son“ in einem leeren Wohngebäude mit Ladenlokal. Das Gebäude wurde zur urbanen Farm umgewandelt und ist seit dem 31. Oktober 2010 für die Öffentlichkeit zugänglich. Gemüseanbau wird hier ebenso im und am Gebäude realisiert wie das Halten von Schweinen und Kühen und die Fischzucht. Die Produkte werden im integrierten Shop-Cafe und an nahe gelegenen Restaurants verkauft.

Die Zukunft der Stadt

Ist das alles nur eine bunte Facette von Stadtentwicklung oder steckt mehr dahinter? Vielleicht ist es wirklich nur eine Facette, aber eine, die eventuell für lebenswertere Stadtviertel sorgt und auch den Wert von Häusern in solchen Vierteln zu steigern vermag. Bunte Bilder entstehen bisweilen aus vielen Mosaiksteinchen. Bunte Städte auch!