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Berlin bleibt im Vergleich der deutschen Großstädte ein preiswertes Pflaster, sagt Berlins Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Im Durchschnitt kostet eine nicht preisgebundene Berliner Wohnung 5,21 pro m² Nettokaltmiete. Das geht aus dem jüngsten Mietspiegel der Stadt hervor. „Für fünf Euro pro Quadratmeter bekomme man „bestenfalls eine unsanierte Erdgeschossbude an einer sechsspurigen Ausfallstraße“, urteilte das Magazin Capital auf seiner Seite „Immobilien-Kompass.de“. Ist Berlins Wohnungsmarkt nun relativ entspannt oder vielleicht doch mit Problemen behaftet? Und ist eventuell einfach der Berliner Umgang mit Problemen ein anderer als der von Münchnern und Hamburgern?

Berlin – die Mieten steigen

Berlin sei auch dann günstig, wenn man die niedrigeren Durchschnittseinkommen der Berliner im Vergleich zu Hamburg oder München berücksichtige, berichtete Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer bei der Präsentation des Berliner Mietspiegels 2011. Die Demonstranten, die während der Präsentation lauthals „Steigende Mieten stoppen“ riefen, waren wohl anderer Meinung und der Berliner Mieterverein bezeichnete es als einen Skandal, „dass der Senat die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt“ leugne“. Die Tageszeitung Neues Deutschland schrieb derweil, dass die Mieten in Berlin schneller als die Einkommen wachsen und gar doppelt so schnell wie die Inflationsrate. Als ein außen stehender Nicht-Berliner steht man da vor zwei möglichen Interpretationen: Eventuell redet der Senat der Stadt Zahlen schön, die gar nicht so schön sind. Oder die Mieter und Mietervertreter äußern übertriebenen Unmut.

Mietsteigerungen – Berlin ist nicht Spitze

Lassen wird zunächst nackte zahlen sprechen. Pro Jahr stiegen die Mieten in Berlin seit 2009 um durchschnittlich vier Prozent. Der aktuelle Durchschnittswert von 5,21€ pro m² liegt tatsächlich unter dem Wert für Hamburg (6,79 Euro/m²) und München (9,79 Euro/m²). In einem 2011 veröffentlichten Drei-Jahres-Vergleich des Portals Immowelt taucht Berlin als Stadt mit den höchsten Mietpreis-Steigerungen auch nicht auf. Spitze ist hier Kiel mit 22 Prozent, gefolgt von Lübeck (19 Prozent) sowie Würzburg und Ulm mit jeweils sechzehn Prozent. Laut Wohnungsmarktbericht 2010 der Investitionsbank Berlin liegt die Mietbelastung in Berlin besonders bei den ärmsten Haushalten deutlich unter der Belastung von Haushalten in München und Hamburg. Die Mietbelastung ist das Verhältnis von Einkommen und zu zahlenden Mieten in einer Stadt, Das alles spricht dann erst einmal dafür, dass Berlin tatsächlich relativ günstig ist. Allerdings hat etwa Jones Lang LaSalle auch anderes zu berichten. Das Unternehmen spricht von einer durchschnittlichen Mietpreissteigerung in Berlin von 11,6 Prozent innerhalb von zwei Jahren – das sei deutlich mehr als in München und Hamburg. Ganz eindeutige Ergebnisse liefern die Zahlen also nicht. Allerdings spricht vieles dafür, dass zumindest Hamburg und München die teureren Pflaster in Deutschland sind.

Warum beklagen sich die Berliner über ihre Mieten?

Warum häufen sich dennoch Proteste in Berlin? Das mag zum einen in einem Verdrängungsprozess liegen, der in manchen Berliner Stadtteilen greift. Laut Magazin Capital (Artikel vom 23.05.2011) ist etwa der Stadtteil Berlin-Kreuzberg derart teuer geworden, dass „die ersten nach Neukölln weiterwandern“. Etwa eine Woche später titelte die Zeitung „Junge Welt „Auch Neukölln wird hip und teuer“. Da liegt dann die Frage nah, wohin mit all den Berlinern, deren Portmonee nicht ganz so dick ist? Es bleiben vielleicht Marzahn-Hellersdorf und Spandau, die laut Wohnungsmarktbericht 2010 zu den preisgünstigsten Regionen Berlins gehören. Altvertrautes Terrain zu verlassen dürfte manch einem alteingesessenen Berliner nicht leicht fallen. Bis zu einem gewissen Grad gehören solche Verdrängungsprozesse zum Leben einer Stadt dazu. Im als vereinte Stadt (Ost und West) noch relativ jungen Berlin fallen sie jedoch möglicherweise heftiger aus als anderswo in Deutschland.

Die urbane Kultur in Berlin ist lauter?

Selbst wenn die Verhältnisse in Berlin tatsächlich nicht so schwierig wie etwa in München sind, bedeutet das natürlich nicht, dass Berliner Verhältnisse problemlose Verhältnisse sind. Vielleicht ergeben sich Hamburger und Münchner auf der Suche nach billigem Wohnraum aber eher in ihr Schicksal? Jede Stadt hat ihre eigene urbane Kultur und eventuell gehört zur Berliner urbanen Kultur auch, dass sich Protest hier eher manifestiert und sich lautstärker als anderswo äußert. Dann wäre Berlin kein Sonderfall in Bezug auf Probleme mit preiswertem Wohnraum, aber eventuell im Umgang mit diesem Problem.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Karsten

    Sehr schöner Beitrag – ich sehe die Entwicklung ähnlich, wie in Hamburg in den letzten 15-20 Jahren. Und auch dort gingen die Proteste ja nicht immer leise vorüber. Man denke nur an die regelmäßigen Demos im Schanzenviertel.

  2. Dominikus

    Ich lebe in Hamburg. Hier ist Immobilien kein Spaß. Und auch wenn man eine gefunden hat, iste s keiner, denn die Preise fressen einen Großteil des Gehalts. Zieht euch warm an, Berliner, da geht noch was 😉

  3. Tobias

    Ja, Berliner sind anders: arbeitslos

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