You are currently viewing Mietnomaden — drängendes oder aufgebauschtes Problem?

Manchmal haben Begriffe Hochkonjunktur. Sie tauchen häufig in Medien auf und reizen zur Diskussion. „Mietnomadentum“ ist so ein Begriff. Wer als Vermieter auf Mietnomaden trifft, hat viel Ärger am Hals. Der Verband der Makler, Sachverständigen und Verwalter hat jetzt Vorschläge gemacht, wie dieser Ärger reduziert werden könnte. Nach Ansicht des Deutschen Mieterbundes schießen die Makler damit aber weit übers Ziel hinaus. Mietnomadentum wird wohl auch in Zukunft ein heiß umstrittenes Thema bleiben.

Ein paar Zahlen

Jährlich 2,2 Milliarden Euro sollen Mieter ihren Vermietern in Deutschland schulden. Das schätzt die Eigentümer-Schutzgemeinschaft Haus und Grund. Der Deutsche Mieterbund kontert, hält die Zahl für nicht abgesichert und setzt ihr die Zahl von 140 Milliarden Euro gegenüber, die Mieter an die Vermieter pro Jahr zahlen. Jene Ausfälle, von denen die Eigentümer-Schutzgemeinschaft spricht, wären dann knapp 1,6 Prozent des bezahlten Betrags. Das relativiert die 2,2 Milliarden Euro natürlich, was allerdings denjenigen Vermieter wenig interessieren dürfte, der von Mietnomadentum betroffen ist. Mietnomaden sollen für etwa 220 Millionen Euro Mietschulden pro Jahr verantwortlich sein.

Mietnomaden in aller Munde

Die Zahlenspiele zeigen die Problematik der Diskussion. Es bleibt ein wenig unklar, wie drängend das Problem säumiger Mieter und speziell der Mietnomaden wirklich ist. Als Mietnomaden werden Mieter bezeichnet, die Wohnungen von Anfang an mit der Absicht beziehen, keinerlei Miete zu zahlen. Sie sind zu so etwas wie Medienstars geworden, große Magazine und TV-Formate berichten über sie. Die Frage bleibt: Bauscht die Medienwelt hier ein Problem auf, das größer gemacht wird, als es in Wirklichkeit ist? Oder haben wir es mit einer Tendenz zu tun, die Vermieter in Deutschland häufig fürchten müssen? Je nach Antwort und Interpretation von Zahlen, dürften Vorschläge, wie man dem Mietnomadentum begegnet, unterschiedlich ausfallen.

Ein paar (scheinbar?) sinnvolle Vorschläge

Fakt ist wohl: Wer als Vermieter auf einen Mietnomaden trifft, hat bisweilen sehr schlechte Karten. Mit juristischen Tricks kann solch ein Mietnomade seinen Vermieter bis zu zwei Jahre hinhalten, ehe er ausziehen muss. Diese Zahl brachte Spiegel Online in einem Artikel vom März 2009 ins Spiel. Für manch einen Vermieter bedeutet so etwas den finanziellen Ruin; zumindest dürfte extremer Stress — mitunter bis zum nervlichen Zusammenbruch — die Folge sein. Jüngst hat sich deshalb der Verband der Makler, Sachverständigen und Verwalter (IVD) mit Vorschlägen zu Wort gemeldet, wie Vermieter im Kampf gegen Mietnomaden gestärkt werden könnten. So sollen etwa Kündigungsfristen gekürzt und bei Beziehern staatlicher Leistungen soll die Miete direkt aufs Konto des Vermieters gebucht werden. Ein weiterer Vorschlag: „Bei Zahlungsverzug, nicht gezahlter Mietkaution oder Mietschulden soll die Räumung der Wohnung durch einstweilige Verfügung angeordnet werden können“.

Was sagt der Mieterbund?

Das klingt wie ein wirksames Instrument für Vermieter gegen Mietnomaden. Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht das anders und auch seine Argumentation ist nachvollziehbar: Er weist etwa bei dem hier letztgenanntem Vorschlag der Makler darauf hin, dass solche eine Regelung die Stellung aller Mieter verschlechtern würde. Die Räumung könne dann beispielsweise auch angeordnet werden, wenn Vermieter Zahlungsansprüche stellen, die eventuell gar nicht gerechtfertigt sind: etwa bei Mietminderungen von Seiten der Mieter aufgrund von Wohnungsmängeln. Unterstützung bekommt der DMB teils auch von Vermieterseite. So lehnt etwa der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. die Verkürzung von Kündigungsfristen in einer Stellungnahme ab.

Die Suche nach dem Kompromiss

Kompromissbereitschaft zeigt der Deutsche Mieterbund beispielsweise beim Vorschlag der Makler, dass Gerichtsvollzieher einen Räumungstermin spätestens zwei Monate nach Ende der Räumungsfrist ansetzen und durchführen sollen. Das zeigt zumindest, dass beim Thema „Mietnomaden“ noch keine komplett verhärteten Fronten existieren. Die Suche nach Lösungen für das Problem ist aber wohl noch nicht gefunden. Vielleicht ist Mietnomadentum ja ein drängendes UND zugleich etwas aufgebauschtes Problem?